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Makro-Fotografie: Das Universum des Kleinen

Text & Bilder: Jürg Sommerhalder

Wer sich fotografisch dem Kleinen verschreibt, engt seinen Blickwinkel optisch massiv ein. Durch die Fokussierung aufs Detail jedoch tun sich auch neue Sichtweisen auf, lassen sich Strukturen und Zusammenänge des Kleinen aufdecken, die dem nackten Auge verborgen blieben.
Nebst Zahnprothetikern und Industrie-, Kunst-  sowie Sachfotografen widmen sich vor allem Naturfreunde der Makro-Fotografie.

Billiger Annäherungsversuch
Für einfachere Nahaufnahmen reicht als Ausrüstung bereits eine günstige Kompaktkamera. Denn mit den meisten Knipsern lassen sich sehr kurze Distanzen immer noch scharf abbilden. Dazu aktivieren Sie das Makromotivprogramm, das meistens mit einem Blumen-Symbol dargestellt wird. Das führt vor allem bei mehr oder weniger unbeweglichen Objekten wie etwa Münzen, Schmuckstücken, Pilzen, Blüten oder gar einer trägen Rüebliraupe mitunter zu erstaunlich guten Resultaten.
Auch wer noch näher heran will, muss nicht zwangsläufig tief in die Tasche greifen. Auf das Festobjektiv vieler Digitalkameras und auf die meisten Wechselobjektive lässt sich eine preiswerte Nahlinse schrauben. Sie verkürzt die Naheinstellungsgrenze des Objektivs. Nahlinsen gibt es für fast alle Kameratypen und -marken, zudem sind Spiegelreflexkameras mit Objektiv für unter 700 Franken zu haben. Grösster Nachteil ist der Qualitätsverlust in den Randregionen des Bildes.
Eine andere günstige Lösung ist ein Zwischenring, den Sie zwischen Spiegelreflexkamera und Objektiv schrauben. Er verlängert die Brennweite, was ebenfalls die Naheinstellungsgrenze verkürzt. Allerdings verliert das Objektiv damit an Lichtstärke.

Ambitioniert: Distanzmakro
Ist jedoch aus der Rüebliraupe ein Schwalbenschwanz geworden, wird es schwierig. Kaum ein wildes Tier goutiert es, wenn man mit einer Kamera unmittelbar vor ihm herumfuchtelt. Distanz ist hier der Schlüssel, um das potenzielle Modell nicht schon vor dem ersten Schuss in die Flucht zu schlagen. Die Schwierigkeit: Trotz der Entfernung muss das Objekt genug gross abgebildet werden. Teilweise gelingt das mit universellen Telezoom-Objektiven. Besagter Schwalbenschwanz etwa lässt sich mit einem Telezoom von 100–300 mm Brennweite (aufs Kleinbildformat bezogen) aus rund einem Meter Entfernung bildfüllend ablichten.
Was aber, wenn von unserem lebendigen Sommervogel ein Porträt geschossen oder das filigrane Muster seiner Flügelschuppung sichtbar gemacht werden soll? Spätestens mit diesem Anspruch hat der Fotograf genügend künstlerischen Ehrgeiz entwickelt, um sich der Königsklasse zuzuwenden: dem Makroobjektiv. Das verwendete Gehäuse spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Selbst die digitalen Spiegelreflexkameras des untersten Preissegments vermögen mit der richtigen Makrooptik Close-ups in Profi-Qualität zu erzeugen.
Makroobjektive sind für Nahaufnahmen optimiert, lichtstark und bieten schon ohne Zubehör einen Abbildungsmassstab von 1:1. Ausserdem lassen sie sich bis unendlich scharf stellen und eignen sich aufgrund ihres engen Aufnahmewinkels auch ausgezeichnet zur Porträtfotografie.

Makroobjektive sind nicht billig, dafür stellen sie alle vorher aufgezählten Lösungen in den Schatten: Sie ermöglichen Bilder in extremer Schärfe aus diskretem Abstand, die Aufnahmequalität ist von der Bildmitte bis an deren Rand gleichbleibend hoch und dank ihrer guten Lichtausbeute ermöglichen diese Optiken eine einzigartige Schärfentiefe. Kurz gesagt: Schon der ambitionierte Hobby-Makrofotograf kommt nicht darum herum, sich einen solchen Boliden anzuschaffen.

Zehnfusskrebs (Decapoda), Kenia
Es braucht nicht unbedingt ein Makro-Objektiv, um gute Nahaufnahmen zu schiessen. Diese Krabbe (Zehnfusskrebs, Decapoda) wurde mit einem Telezoom-Objektiv in Weitwinkel-Stellung fotografiert. So wird einerseits das Tier detailliert dargestellt, andererseits bleibt der Kontext zu seinem Lebenraum erhalten, der zwar verschwommen, aber eindeutig als tropischer Badestrand erkennbar ist. Eine solche Aufnahme kann durchaus auch mit einer Kompaktkamera geschossen werden, denn der Krebs duldet die kurze Abbildungsdistanz von knapp 10cm. (Foto: Jürg Sommerhalder)

Die wichtigsten Tipps
Schärfentiefe: Die Schärfentiefe ist der Distanzbereich, der im Bild scharf erscheint. Sie ist die grosse Herausforderung des Makrofotografen, denn sie nimmt mit zunehmender Vergrösserung stark ab. Fotografiert man etwa den Kopf eines Frosches von vorne, so ist entweder seine Nase scharf oder seine Augen, aber nicht beides. Auch bei einem Makroobjektiv bewegt sich die Schärfentiefe bei grossem Abbildungsmassstab im Bereich weniger Millimeter. Nur Kompaktkameras haben einen deutlich grösseren Schärfebereich. In jedem Fall ist es sehr wichtig, den Fokus an die richtige Stelle zu setzen. Frontal aufgenommen, muss er unbedingt auf den Augen des Frosches liegen – eine unscharfe Nase fällt weniger auf, wenn die Augen scharf abgebildet sind.

Bildkomposition: Der fehlenden Schärfentiefe kann man zudem durch geschickte Bildkomposition entgegenwirken. Positioniert man sich seitlich des Frosches und sorgt dafür, dass sich dessen Nase und Auge in derselben Tiefenebene befinden, so wird das ganze Gesicht scharf abgebildet. Die Unschärfe ist aber nicht grundsätzlich schlecht, sondern als Gestaltungselement zu sehen. Denn sie lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die scharfen Bildbereiche.

Licht: Eine geschlossene Blende – also eine hohe Blendenzahl – erhöht die Schärfentiefe, braucht aber mehr Licht. Dies erreichen Sie entweder durch lange Verschlusszeiten oder durch künstliche Lichtquellen. Ersteres bedingt den Einsatz eines Stativs und ist nur bei unbeweglichen Objekten möglich. Letzteres erfordert lichtstarke Blitze, am besten deren zwei, die links und rechts des Objektivs auf Seitenarmen platziert das Objekt gut ausleuchten, ohne Schlagschatten zu werfen.

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